Die Herausforderungen der 4. industriellen Revolution
Die sich ankündigende vierte industrielle Revolution wird durch die digitale Transformation ausgelöst, durch die Verschmelzung von Technologien, die die Grenzen zwischen der physischen, digitalen und biologischen Sphäre verwischt. Sie zeichnet sich durch eine beispiellose Datenproduktion und die Mittel zu deren Verarbeitung durch maschinelles Lernen aus. Die Herausforderungen sind zahlreich und können manchmal erschreckend sein. Ist der Ersatz des Menschen durch Roboter der nächste Schritt in der Automatisierung oder kann die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine zu einer erweiterten Intelligenz führen?
Jede industrielle Revolution war das Zusammenspiel mehrerer Technologien und führte zu immensen Veränderungen. In der ersten wurden der Buchdruck und die Dampfmaschine eingeführt. Sie ermöglichte die Mechanisierung der Produktion. Die zweite brachte das Telefon und das Auto sowie die Massenproduktion hervor. Die dritte Phase, in der das Internet und die Informationstechnologie Einzug hielten, führte zur Automatisierung. Der Berner Jura hat in all diesen Revolutionen seinen Platz gefunden – von der Mechanisierung über die Massenproduktion bis hin zur Automatisierung. Er ist daher gut auf die Herausforderungen vorbereitet, die vor ihm liegen. Diese sind aufgrund des hohen Tempos schwer zu überblicken. Das Aufkommen von Plattformen beispielsweise führt zu neuen Konsummustern und stellt neue Anforderungen an Innovation, Zusammenarbeit, Organisationsformen und Transparenz.
Neue Energie mit jeder Revolution
In jeder industriellen Revolution wurde eine neue Energiequelle eingesetzt: Kohle, dann Öl (und Elektrizität) und schließlich Atomkraft in den ersten drei Revolutionen. Erneuerbare Energien werden in dieser vierten industriellen Revolution sicherlich die Hauptrolle spielen. Auch hier steht viel auf dem Spiel, denn die dezentralen erneuerbaren Energien sind von Natur aus unstet. Die Vision und die Innovationen, auf deren Grundlage der Swiss Energypark geschaffen wurde, dürften es ihm ermöglichen, in dieser im Aufbau befindlichen Zukunft eine Rolle zu spielen. Tatsächlich werden jährlich mehr als 90% des Bedarfs dieses Gebiets durch die Produktion erneuerbarer Energien gedeckt. Dies ist die Situation, in der sich alle Länder, die das Pariser Abkommen unterzeichnet haben, in dreißig Jahren hoffentlich befinden werden. Die Herausforderungen wurden in dem Bericht über den Stromverbrauch, der im Mai 2021 vom Bundesrat veröffentlicht wurde, definiert.
Die Distributionsentwicklung wird über die Lagerung, die Sektorkopplung sowie das Nachfragemanagement erfolgen.
Die Speicherung
Die Speicherung ist zweifellos einer der interessantesten Wege, die es zu erkunden gilt, um an der Harmonisierung der Flexibilitäten von Erzeugung und Verbrauch mitzuwirken. Um Lösungen zu finden, werden beispiellose Mittel mobilisiert. Der Swiss Energypark beteiligt sich an der Suche nach Speicherlösungen insbesondere durch ein Forschungskonsortium, das etwa 30 Unternehmen und akademische Einrichtungen umfasst und das eine Kreislaufwirtschaft rund um Batterien anstrebt. Dieses Projekt wurde im Rahmen einer InnoSuisse-Flagship-Ausschreibung eingereicht. Es befindet sich derzeit in der Evaluierungsphase.
Flexibilität der Nachfrage
Die Flexibilität, die die Nachfragesteuerung dem Netz verleiht, ist ein entscheidendes Element der intelligenten Netze, der „Smart Grids“. Die Nachfragesteuerung kann in Zukunft einen wichtigen Beitrag auf dem Strommarkt leisten, doch gibt es derzeit keine soliden Daten über die durch die Steuerung verursachten Lastverschiebungen. Auch hier kann der Swiss Energypark eine wichtige Rolle spielen, da Smart Meter (intelligente Zähler) in den letzten zehn Jahren mehr als 3,5 Milliarden Daten erhoben haben. Die Installation von Smart Meters in unserer Region vor mehr als einem Jahrzehnt trägt dazu bei, den Innovationsgeist, der unsere Region auszeichnet, zu erhalten und zu verwirklichen.
Kopplung von Sektoren
Die Nachfragesteuerung wird Teil der Lösung sein, aber sie muss mit der Kopplung der Sektoren einhergehen. Wenn sie gekoppelt sind, können die Sektoren Strom, Wärme und Mobilität aus der Sicht eines Gesamtsystems intelligent gesteuert werden. Auch die Ausschöpfung des Effizienzpotenzials wird eine wichtige Rolle spielen, da sie derzeit aufgrund verschiedener Hindernisse unzureichend ist.
Digitalisierung
Die Digitalisierung spielt eine wichtige Rolle bei der zunehmenden Nutzung von Flexibilität aus einer Vielzahl von dezentralen Produktionseinheiten, Speichern und Verbrauchern, auch sehr kleinen, sowie bei der Nutzung dieser Flexibilität für Wettbewerbszwecke oder auf Netzebene. Sie kann zunächst in drei Bereiche unterteilt werden: -Physikalische Messgeräte ( [smart meter] Meter);
-Dateninfrastruktur mit einem Zentrum, das die Sammlung und den Austausch von Daten ermöglicht, sie zugänglich macht und verschiedene Datenquellen miteinander verbindet; -Marktplatzanwendungen, die datenbasierte Transaktionen erleichtern. Energieversorgungsunternehmen setzen bereits Rundsteueranlagen ein, um die Spitzenlast zu reduzieren und die Lastverteilung auszugleichen. Allerdings herrscht derzeit große Unsicherheit über die genauen Mengen, die für die Nachfragesteuerung genutzt werden können.
Zusammenarbeit und Vertrauen sind vielleicht die wichtigsten Herausforderungen…
Um die Ziele der vom Bund festgelegten Energiestrategie 2050 zu erreichen, wird eine Zusammenarbeit auf mehreren Ebenen erforderlich sein. Denn der Übergang von einer zentralen Bandproduktion zu einer dezentralen und weniger vorhersehbaren Produktion ist eine Herausforderung, an der viele Akteure beteiligt sind. In einem ersten Schritt müssen die Daten zugänglich sein, um eine Kopplung der Sektoren zu steuern und so die Energieeffizienz zu verbessern. In diesem Zusammenhang scheint die Stärkung des Vertrauens zwischen Kunden, Versorgern, Erzeugern und dem Staat die Vorbedingung zu sein, um den globalen Ansatz zu ermöglichen, der für eine erfolgreiche Energie- und Klimawende unerlässlich sein wird.
Laurent Raeber, Geschäftsführer Swiss Energypark et Société Mont-Soleil